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Fotoreise Venedig Januar

Ja das liebe Wetter. Es macht, was es will, und passt oft hier nicht und da nicht.

 
Das war auch einigen Gesichtern anzusehen und Bemerkungen zu entnehmen zu Beginn unserer diesjährigen Januar-Fotoreise nach Venedig.
 
Die Anmerkung von uns Referenten, dass jedes Wetter auch Fotowetter sei, wird teils skeptisch, teils aber auch hoffnungsvoll registriert.
 
Und so machen wir uns zwischen kurzen Schauern, leichten und mäßigen Windböen und zwischenzeitlichen Aufhellungen am bedeckten Himmel auf, unsere nahe Umgebung im Ortsteil Dorsoduro fotografisch zu entdecken.
 
Da stellt sich der nagelneue Super-Spieglereflex-Bolide mit 48 Millionen Pixel und Spitzenobjektiv noch ein wenig störrisch an und verlangt dem stolzen Besitzer einiges ab, um die – eigentlich ganz logischen – Einstellungsvarianten zu erforschen. Mit ein paar Tipps und Entspannungsübungen sind die vermeintlichen Geheimnisse jedoch schnell gelüftet. 
 
Andere Teilnehmer der Reise haben ihr Gerät sicher im Griff und sind eher dankbar für einige Grundlagen der Fotografie und bei der Hilfe nach Motivsuche und Erklärungen zum Bildaufbau.
 
Und so entspannen sich die Gesichter zunehmend und machen sich frei für die unzähligen wunderbaren Motive, die uns auf Schritt und Tritt geboten werden. Und nun wird dem einen langsam und der anderen schnell klar, worum es eigentlich geht bei der Fotografie. So da sind: Licht „lesen“ lernen, grafische Strukturen erkennen und in die Bildfläche einfügen, Vorstellungskraft schärfen und eine Bildidee entwickeln. Und sich immer wieder die Frage stellen vor jeder Aufnahme: Gestalte ich mein Bild über die Blende oder über die Zeit. Weiß man inzwischen, an welchen Knopf und Schalter man dabei drehen und drücken muss, ist das schon die halbe Miete. Begreift man dann noch die Regulierungsmöglichkeiten der ISO-Einstellungen, ist man schon gut gerüstet.
 
Aktive Entspannung
 
So ziehen wir also im mäßigen Schneckentempo durch die Gassen und über die Plätze und Brücken Dorsoduros und erreichen dank raumgreifender Entspanntheit schon bald Erholungsniveau. Und das soll Fotografie ja schließlich sein: aktive Entspannung. Und wenn man diese dann auch noch in den Traumkulissen Venedigs auf sich wirken lassen kann, dann ist das schon eine Genuss der Extraklasse. Und das, obwohl das Wetter nicht ist wie es für viele Menschen einfach zu sein hat (zumal im Urlaub): Sonne, mäßiger Wind und Ruhe.
 
Nun, das haben wir auch, nur dass uns Petrus einen Diffuser vor die Sonne geschoben hat und es ab und an ein wenig tröpfeln lässt. Aber wie gesagt: Foto-Wetter ist immer und alles ist Motiv. Es ist nur eine Frage, wie man damit umgeht.
 
Das zeigt sich an dem Morgen, als wir schon lange vor Sonnenaufgang auf dem Markusplatz stehen. Und wieder Wind und Regen. Letzterer bietet uns jedoch ein besonders Schauspiel: die Spiegelungen der Paläste, Türme und historischen Fassaden im regennassen Platz, der zu einem kleinen Teil sogar von Aqua Alte bedeckt ist, dem legendären Hochwasser der Lagunenstadt. Und wir stehen dabei im Schutz der Arkaden sogar im Trockenen.
 
Als dann erstes Leben auf dem Platz einkehrt, bieten sich viele spannende Lichterspiele. Die ersten Lichter in den antiken Läden werfen ihr gelbes und grünlich-blaues Licht auf die  Wege und die ersten Türen der Bars und Cafés öffnen sich. Boten liefern mit ihren typischen Langkarren Kisten mit Getränken und Speisen an und Putzfrauen wienern die Parketts und Möbel zum neuen Tag.
 
Der Sonnenaufgang an der nahen Uferpromenade, an der die schwarzen Gondeln im kabbeligen Wasser tänzeln, hält sich bedeckt und lässt uns mit vielen Aufnahmen und dem richtigen Appetit zurückkehren in unser kuscheliges Hotel.
 
Filter: Handhabung und Wirkung
 
Nachdem alle ihr Gerät sicher im Griff haben, widmen wir uns der Langzeitbelichtung bei Tageslicht und nach dem Sonnenuntergang. Jetzt heißt es, sich vertraut machen mit Grau- und Verlaufsfiltern und das Geheimnis dieser speziellen Art der Fotografie aufzuspüren. Einige in der Gruppe haben schon Erfahrung mit dem Einsatz von Filtern, andere müssen den Zusammenhang von Filtern, Handhabung, Wirkung und Effekt noch durchschauen lernen. Das geht jedoch in der Regel sehr schnell; denn gerade die Fotografie lässt sich durch ihre Anschaulichkeit mit Trial and Error schnell plakativ erlernen.
 
Bei der ersten Bildbesprechung zeigen sich schon gute Ergebnisse, zum Teil sogar eindrucksvolle „Werke“. Man erkennt, wer schon länger dabei ist und noch am Anfang steht, wer intuitiv handelt und wer sich noch zu sehr von der Technik ablenken lässt.
 
Und es zeigt sich auch, dass Venedig ein idealer Ort für Fotoexperimente ist. So lassen sich Lichtstimmungen besonders durch gekonnte Langzeitbelichtungen gestalten nach dem Motto „Malen mit Licht“. So mancher, der mit diesem Metier noch nicht vertraut ist, scheint noch ein wenig die Nase zu rümpfen, wird aber bald auch dieser bezaubernden Art zu Fotografieren verfallen.
 
Die Effekte der „Impressionistischen Fotografie“ entstehen durch gekonnten Umgang mit Kamera, Objektiv und spezieller Bildbearbeitung. 
 
Malen mit Licht
 
Ein guter Ort für die Lichtmalerei ist auch die bunte Fischer-Insel Burano, die wir mehrere Stunden durchstreifen und ihre Farbenpracht genießen. Obwohl die Insel klein ist, findet man unzählige Motive, die neben der Buntheit das tägliche Leben auf dem kleinen Eiland wiedergeben. Nichts ist verstellt oder gar für den Touristen aufbereitet. Zumal nicht jetzt im Winter, der die Massen fern hält von dieser zauberhaften Welt.
 
Als wir am vorletzten Tag noch einmal zurückkehren auf den Markusplatz zur selben frühen Stunde, erleben wir ein völlig andere Atmosphäre. Die Sonne hat sich schon seit ein paar Tagen ihre Bahn geschlagen durch die Wolkendecke und hat das weite Himmelsfeld in Beschlag genommen. Nun zeigen sich nur noch langgezogene Wind- und kleine Haufenwolken, die interessante Akzente setzen.
 
Der verpasste Sonnenaufgang zu Beginn der Reise wird nun im Übermaß nachgeliefert. Kräftiges Rot mit Violett- und Orange-Tönen bietet nun eine farbenintensive Kulisse. Jetzt heißt es schnell sein; denn das Schauspiel ist bald vorbei. Und so wird dokumentiert und mit der Kamera auf´s Neue gespielt, um der Situation eine persönliche und intensive Note zu verleihen.
 
Eine weitere Bildbesprechung und die abschließende Bilderschau untermalt mit venezianischer Musik, zeigen, dass jeder in der Gruppe seinen persönlichen Zugang und Blick für diese zauberhafte Stadt entwickelt hat.
 
Und: Vom Wetter ist schon lange keine Rede mehr. Nicht nur, weil es sich inzwischen nach landläufiger Meinung gebessert hat, sondern weil man ein wenig schätzen gelernt hat, dass jedes Wetter für Fotografen etwas Spezielles bereit hält…
 
Bilder von Bernd Kupper und Manfred Horender