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Fotoreise "Masuren 1" vom 20.-27.10.2018

Das Land der Seen und Wälder empfängt uns mit einem strahlenden Lachen. Bei diesem satten Licht zeigen uns die gelben, roten und braunen Blätter an den Bäumen ihre ganze Schönheit. Es ist nicht untertrieben zu sagen, dass die Farbenpracht den Betrachter wahrhaft betört.

Für uns Fotografen bieten sich eindrucksvolle Motive. Indian Summer in Masuren. Die Pracht zeigt sich in der nahegelegenen kleinen Stadt Wegorzewo genau so wie auf den engen Landstraßen und Alleen. Das optisch imposante Naturschauspiel ist eingebettet in die Stille und Langsamkeit dieser Region am östlichen Rand des EU-Landes.

So überladen die Farben der Natur wirken, so trostlos und verlassen muten die kleinen Dörfer und Weiler entlang der engen Straßen und Wege an. Vor allem auf unserer Fahrt entlang der polnisch-russischen Grenze im Norden Masurens zeigt sich die Tristesse, die wie ein grauer Schleier über dem Land liegt. Es liegt natürlich im Auge des Betrachters, der bei diesem Anblick erkennt, wie verwöhnt wir doch in unserem weit im Westen liegenden Zuhause sind.

Ja nicht vom Weg abkommen

Wir treffen kaum Menschen in den Dörfern bei ihren Behausungen und auf den löcherigen Straßen. Um so mehr ziehen zwei alte Männer unseren Blick an, die vor ihren Häusern mit Grabgabeln die dunkle, schwere Erde ihres Gartens bearbeiten. Eine weitere Begegnung haben wir in einem Dorf nur wenige hundert Meter vor der russischen Grenze mit einer Frau, die uns aufgeregt auf polnisch zu warnen versucht, dass wir ja nicht die falsche Abzweigung in die russische Exklave Kaliningrad nehmen.

Nachdem die Sonne die prachtvolle Landschaft ausgeleuchtet hat, versteckt sie sich in den folgenden zwei Tagen hinter einer dicken Wolkendecke, aus der es zuerst tröpfelt und dann sattes Nass herunterstürzt. Wir machen aus der Not eine Tugend und verlegen unsere Motivsuche unter historische Dächer. Ja, das ist der Gegenpart zur ausgezehrten Landschaft: die historischen Bauwerke, die vom einstigen Prunk und Reichtum dieser Region Zeugnis ablegen.

Auf den Spuren preußischen Hochadels

Da gibt es kaum einen besseren Ort, als das Dönhoffstädt, den einst prächtigen Sitz der Dönhoffs. Für Historiker ein Fragment alter preußischen Hochadels, für uns Fotografen ein Leckerbissen der Kategorie „lost places“. Ein wenig skurril gestaltet sich der Zugang zum Haupthaus des einstmals strahlenden Landgutes. Zwei alte Frauen mit Schürzen und Kopftüchern zeigen deutlich, dass der Weg in das schlossartige Gebäude nur über sie geht. Als Dritter im Bunde gehört ein Hund zum „Wachpersonal“, das offensichtlich in keiner offiziellen Mission den Zugang bewacht, sondern eher auf eigene Rechnung agiert.

Die Eintrittskarte in Form eines mittelwertigen Zloty-Scheines öffnet nicht die Gesichter der Wachsoldatinnen, aber doch das Tor in eine vergangene Zeit. Wir sind fasziniert von den geheimnisvollen Lichtsituationen und grafischen Elementen der Reste herrschaftlicher Baukunst. Schnell wir klar, dass dies ein Highlight unserer Masuren-Reise ist. Zumindest in fotografischer Hinsicht.

Prachtvolle Wandgemälde und Fresken

Dass Masuren eine tiefgläubige katholische Welt ist, sieht man an vielen Marienstatuen und -denkmalen, die auch nicht im kleinsten Ort fehlen. Die ganze Kraft und Wucht des tiefverwurzelten Katholizismus zeigt sich in der Wallfahrtskirche Heiligelinde. Der imposante Kirchenbau überstrahlt das gleichnamige Dorf Swieta Lipka. Der Prunk steigert sich noch, wenn man das Innere der kolossalen Kirche betritt. Prachtvolle Wandgemälde und Fresken strahlen dIe ganze Kraft des katholischen Glaubensbildes aus. Dazu ein großer Alter auf der einen Seite und eine mächtige Orgel auf der anderen. Für uns ein weiterer fotografischer Höhepunkt, bei dem wir den Regen vor der Tür lassen können.

Der Besuch des Städtchen Reszel einige Kilometer entfernt bringt uns zurück in den masurischen Alltag. Es geht beschaulich zu in dem Ort, nachdem sich die Touristen jahresbedingt zurückgezogen haben. In einem mit kantigem Mobiliar bestückten Gasthaus bekommen wir bodenständige maurische Küche geboten. Wir sind die einzigen Gäste in dem großen Raum und auch anscheinend später auf den Straßen und Plätzen. Kleine Läden reihen sich aneinander, wobei Frisöre in der Überzahl zu sein scheinen. Für uns: Streetfotografie der unaufgeregten und beschaulichen Art.

Statuen der Unterdrückung und des Hasses

Eine Glaubensrichtung der nicht-religiösen Art finden wir in der Wolfsschanze, von der einst Hitler mit seinen Generälen den Krieg gegen Russland steuerte. Es ist ein bedrückender Ort, der dunkel und noch immer bedrohlich ein schreckliches Kapitel der deutschen Geschichte symbolisiert. Tausende Arbeiter bauten im Schutz eines Waldes an diesem Monsterwerk. Die bis zu sechs Meter dicken Bunkerwände aus Stahlbeton sollten den damals stärksten 5-Tonnen-Bomben der Gegner standhalten.

Wir dokumentieren diesen bedrückenden Ort der Geschichte fotografisch und spüren dabei tief die Macht und Wucht des Bösen. Diese Statuen der Unterdrückung und des Hasses werden wir nicht nur in Form von fotografischen Bildern mitnehmen, die Eindrücke werden sich bei jedem festsetzen und zur Vernunft mahnen, der diesen Ort je besucht hat.

Hohes fotografisches Niveau

Wir haben bei dieser Reise die Pracht der Natur genossen in ihrem bunten, herbstlichen Gewand, aber auch einen kräftigen Hauch der Vergangenheit gespürt, der sich sowohl im Verfall zeigt als auch im immer strahlenden Prunk.

Alle neun Teilnehmer dieser Reise waren bereits mehrfach mit uns unterwegs und boten mit ihren Bildern ein hohes fotografische Niveau. Es ist eine wahre Freude zu sehen, wie sich der oder die Einzelne im Laufe der Jahre lichtbildnerisch entwickelt hat.

So waren am Ende der Reise bei einer eindrucksvollen Bildpräsentation wahre Meisterwerke zu genießen…

Bilder: Manfred Horender und Bernd Kupper