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Fotoreise Grönland

Es wird wenig gesprochen bei unserem Gang entlang dem Icefjord. Man ergibt sich mehr dem Staunen und der Ehrfurcht beim Anblick dieser kolossalen Szenerie. Die Kraft und Macht der Natur zeigt sich in aller Stille, die nur unterbrochen wird vom Ächzen, Knarren oder gar lautem Krachen wie bei einer Explosion. Langsam gleiten die weißen Riesen im Eisfjord hinunter in die Discobucht und weiter in den Nordatlantik. Nicht selten harren die grandiosen Eisberge aber auch tage-, wochen- oder gar monatelang an selber Stelle aus, wenn sie ob ihres Tiefganges im Sund gestrandet sind.
 
Für uns Fotografen ist dieser Anblick eine Einladung, uns gestalterisch dem Schauspiel voll hinzugeben. Neben den gewaltigen Eisbergen beschert das schnell wechselnden Wolkenspiele eine Vielzahl spannender Motive.
Als Kontrast zu Eis, Wolken und Wasser stehen die markanten, geschliffenen Felsen und ein Teppich aus rot-braun-gelb-grünen Farben der Moose, Flechten, Gräser, Büsche und Sträucher. Für Naturfreunde und Landschafts-Fotografen ein wunderbarer Augenschmaus.
 
Stille im Eis
 
Noch näher kommen wir den Eisgiganten Tags darauf bei der Fahrt durch die Mündung des Fjordes. Immer wieder scheuert sich der Stahlrumpf am harten Eis und lässt einen Ruck durch das Schiff gehen. Der leichte Wind weht uns einen kühlen Hauch der Eismassen ins Gesicht. Die Luft ist rein und atmet sich seidenweich. Wieder herrscht Stille beim Betrachten der Kulisse. Nur der alte Dieselmotor ächzt sich den Weg frei durch die Eisschollen.
 
Nach der Rückkehr ins Hotel gibt es viel zu verarbeiten nach diesem Erlebnis. Mental und fotografisch; denn wer nicht bald seine Bilder jetzt sortiert und bearbeitet, wird am Ende vor einem Berg stehen, den es zu bewältigen gilt. Mental wird das Gesehene und Gefühlte noch lang nachwirken, wahrscheinlich für immer.
 
Bei unserer Fahrt von Ilulissat zur Fischersiedlung Rodebay am nächsten Tag bestaunen und fotografieren wir wieder Eisberge jeglicher Form und Größe. Auch im Dorf herrscht Ruhe, ja fast Stille, unterbrochen nur vom sonntäglichen Läuten der Glocken einer Holzkirche, die wochentags auch als Schule dient und anderen Belangen der Bewohner, deren Einwohnerzahl sich von 32 auf 54 fast verdoppelt hat, seit es eine neuerbaute Fischfabrik im Ort gibt.
 
Dorfleben
 
Zwischen den bunten Holzhäusern gibt es nur schmale Sandwege oder Trampelpfade durch oft hohes, saftig-grünes Gras. Ein Mutter spaziert mit einem Kind gemächlich durch das Dorf, ein kräftiger Mann schreitet mit einem Gewehr auf der Schulter in Richtung Hafen. Auf einem kleinen Motorboot tuckert er dann hinaus in den Sund, wahrscheinlich in der Hoffnung einer Robbe zu begegnen.
 
Alle in unserer Gruppe haben ihre gefühlte und tatsächlich Gangart für sich und den anderen heruntergeschaltet. Angepasst an das Leben hier oben im Norden in einer anderen Welt. Wir verbringen Stunden hier, genießen die warmen Sonnenstrahlen bei wenigen Graden über dem Gefrierpunkt. Zwischendurch gibt es leckeres, ortsübliches Essen in einem rustikalen Holzhaus. Wer mag, kann hier erstmals Wal- und Moschusochsen-Feisch probieren. Oder frischen und geräucherten Fisch aus der Diskobucht.
 
Bei unserer Wanderung entlang dem Eisfjord, durch das Dorf oder unseren Stützpunkt Ilulissat legen wir viele Kilometer zurück und sind froh auf Entspannung und gutes Essen und Trinken in unserem Hotel, das sowohl mitten im Ort als auch direkt am Wasser liegt,- mit Ausblick auf die Eisberge.
 
Immer wieder streichen wir auch durch Ilulissat, der mit knapp 5000 Einwohnern drittgrößten „Stadt“ Grönlands. Wirkt der Ort karg, so gibt es hier alles, was man zum täglichen Leben braucht: Supermärkte, Cafés, Banken, Hotels, Restaurants, Linienbusse, Taxen und ein gut ausgestattetes Krankenhaus, das die ganze Region versorgt. Und natürlich einen geschützten Hafen, dessen Ausfahrt von Zeit zu Zeit von blockierenden Eisbrocken befreit werden muss.
 
Geduld und Staunen
 
Ist Fortbewegung auf Grönland wegen der fehlenden Infrastruktur ansonsten nur in der Luft oder über das Wasser möglich, so zeigen sich hier viele Autos in den wenigen Straßen des Ortes. Viele dienen weniger dem Gebrauch als der Freude am Fahren ansich. Und man lässt sich schon gern einmal mit vollen Einkaufstaschen vom Supermarkt einige hundert Meter per Taxi nach Hause fahren. 
 
Dass die Uhren hier anders laufen als in unserem mitteleuropäischen Zuhause, erfahren wieder immer wieder einmal. So etwa als eine Fahrt zum mächtigen Gletscher Eqi ansteht. Wegen eines technischen Problems (eine Pumpe tut nicht so wie sie soll) werden wir auf den nächsten Tag vertröstet. Wir nehmen es mit dem inzwischen inhaltierten Gleichmut und machen uns erneut zu Fuß auf an den Eisfjord. Das Staunen setzt erneut ein…
 
Der Gletscher Eqi zeigt sich uns auch am nächsten Tag in seiner vollen Pracht. Vom Schiff aus hören wir das Knarren und Knallen, wenn sich unter dem gewaltigen Druck neue Spalten und Risse im Eis bilden. Wir werden auch Zeuge eines Abbruches, der wegen der immensen Breite der Gletscherwand recht klein erscheint. Diesem Schauspiel könnte man stundenlang zuhören und -schauen.
 
Moschusochsen, Rentiere und…
 
Bei einem Zwischenaufenthalt am Flughafen Kangerlussuaq haben wir gar die Gelegenheit, den eignen Fuß auf einen Gletscher zu stellen. Wieder einmal spüren wir, wie klein wir Menschen sind gegen diese mächtigen Naturgeschöpfe. Sowohl auf dem Eis als auch vom Land aus bieten sich uns spannende fotografische Motive.
 
Unser Interesse wecken auch einige Moschusochsen, die wir in freier Natur fotografieren können wie auch Rentiere und einen weißen Schneehasen, der offensichtlich schon sein Fell für dem anbrechenden Winter angelegt hat. Die mächtigen Raben machen sich mit ihrem lauten Krächzen bemerkbar.
 
Am Ende der Reise sind wir angefüllt mit optischen und emotionalen Eindrücken, die wir wohl niemals vergessen werden. Dies alles zu verarbeiten – nicht nur fotografisch – wir noch lange dauern und sich in unserem Gedächtnis und unserer Gefühlswelt verewigen.